Die viel besungene Schönheit Havannas wird noch durch eine Besonderheit erhöht, die ihm die Zeit verlieh, die, in widersprüchlichen Eifer, es zu individualisieren, es unerbittlich vernachlässigte, was ihm aber auch eine jungfräuliche Zaghaftigkeit dem Wandel der Zeiten gegenüber gab. Wenn sich andere Städte gewaltsam verändert haben, blieb Havanna intakt, Jahrhunderte lang, und nach jahrzentelangen Variationen, die es in dieser Reihenfolge nach Westen hin anwachsen ließen, erhielt es einen didaktischen Wert, der mehr als ein Zeitzeuge eine Geschichtslektion ist.
Carpentier zu zitieren ist viel mehr als eine Hommage oder eine Pflichtreferenz, um Ideen gültig zu machen. Aber der Fall erfordert es, denn toleranter als der Barock, entdeckte er die "halb dorischen und halb korinthischen Säulen; ionische Zwerge, Karyatiden aus Zement, ängstliche Abbildungen oder Degenerationen eines Viñola, als von jedem Baumeister verlangt wurde, zur Erweiterung Stadt beizutragen…"1
In Havanna gibt es eine widersprüchliche Komplexität, die eine Botschaft der Vielfalt vermittelt. Die Homogenitäten passen in das traditionelle Zentrum. Das Vedado und Miramar, dank ihrer Rahmen, in denen diei städtische Flexibilität sehr viel früher als in Europa erfunden wurde, erlauben fast alles, und daher verbergen sie hinter Ocujesbüschen und Mandelbäumen das Augenzwinkern der eklektischen Architektur und der Modernität.
Aber die bescheidene Architektur des 20. Jahrhunderts, für viele sogar noch jünger, reichlich und daher nicht außergewöhnlich, ist so vielfältig, dass es schwer ist sie zu klassifizieren. Und in dieser Vielfalt liegt ihr Interesse, denn der Ausdruck des Ganzen kann auf keinen Fall die Architektur ignorieren, und diese darf nicht auf Proportionen und Volumen reduziert werden, sondern es ist notwendig, das kleinste Detail zu entdecken, in dem sehr oft der größte Zauber liegt.
Es handelt sich weder um die Freude des Sammlers noch um eine offenherzige postmoderne Haltung, die versucht, sogar Kitsch aufzuwerten. Oder vielleicht liegt ihr die Sorge zugrunde, die von der Erkenntnis ausgeht, dass der Begriff der Identität in der kubanischen Architektur sehr weit gefasst ist und besonders diesen Reichtum des Eklektizismus, Jugendstils und Art déco meint.
Das heißt, eine Architektur, die am Anfang nicht wirklich echt war, denn sie zeigte die Unzufriedenheit einer weniger bemittelten Klasse, die auf diese Weise versuchte, sich den Mächtigen gegenüber zu behaupten. Es waren Imitationen, manchmal lächerliche Kopien. Sie sind heute jedoch Muster einer ganzen Ära, einer sehr ausgeprägten Kultur. Die nicht mehr existiert, aber nicht vergessen werden darf.
Jene manchmal unterschätzte Fassade, und damit ihr Detail, die Verzierung oder generell eines Ausdrucks, der etwas mitzuteilen hat, ist Teil dieser Transzendenz, die schon John Ruskin bejahte, als er schrieb: "Lieber eine grobe Arbeit, die eine Geschichte erzählt oder an eine Tatsache erinnert, als ein Werk, so reich es auch sein mag, ohne Bedeutung." Daher ist es nicht nur ein Problem der Volumetrie, des Rhythmus, der Porportionen, sondern auch der Fassaden, Formen, Ornamente.
1) Carpentier, Alejo: ”Die Stadt der Säulen”, in Arquitectura Nr, 334, Havanna 1965, Seite 26
Die anmutige Minimierung, oftmals Kitsch, hat für die Identität Havannas einen Wert. Die Häufigkeit dieser Details, ihre formale Qualität
selbst – Bewegung, Diskretion, Harmonie, Anmut – und vor allem die außergewöhnliche Vielfalt, geben ihnen genügend Wert, um zumindest berücksichtigt zu werden. Und die Bevölkerung findet sie sympathisch.
Das zerbrechlichste Havanna ist die Stadt ohne Verpackung, die weder Giebeln noch Portalen ihrer Größe nach zu folgen hat, das Havanna der Hauser von Vedado und Miramar, die die Fluchtlinie respektieren, aber von einem verrückten Eklektizismus sind, der kleine Schlösser importierte, andalusische und englische Landhäuser. Häuser, manchmal Gebäude, an denen die Steine zerbröckeln und die Verzierungen bald abfallen, die uns lächeln lassen wegen der Naivität ihrer salomonischen Säulen von zwei Meter Höhe, unproportionalen und blinden quadrifolia, absurden hervorspringenden Bögen…
Diese scheinbar zuletzt erwähnte Architektur hat weder die Eleganz des Haupteklektizismus noch die bescheidene Würde der Folklore. Ginge sie verloren, würden wir eine der vielen Tugenden Havannas zerstören: die Fähigkeit, darüber zu lachen.