Das Jahr ist ein Beispiel des zyklischen Prozesses; es steht in analoger Beziehung zu Prozessen wie der Tag, das Leben des Menschen, das Werden einer Kultur… alle mit einer aufsteigenden und einer absteigenden Phase. Das Jahresende ist für den Menschen immer eine Gelegenheit, Bilanz zu ziehen; der geeignete Moment, um Erfolge und Misserfolge zu überdenken und das Erreichte zu vergleichen mit dem, was man nicht geschafft hat. Mit der Silvesternacht endet eine Etappe, die gleich einer anderen weicht mit neuen Zielen, die man sich manchmal schon früher gesteckt hat, wie die immer ersehnten und unabänderlich unerfüllten Absichten, das Rauchen aufzugeben, die kranke alte Tante zu besuchen oder das Körpergewicht zu reduzieren.
Weihnachten und Silvester beginnen schon lange vorher. Anfang Dezember erinnern die großen Geschäfte mit allegorischen Motiven und schüchternen Preissenkungen an die Nähe, und das Weihnachtsbäumchen mit Lichtern und bunten Kugeln ist ein Fest für die Familie. Die Freude nimmt zu und der Arbeitsrhythmus ab. Die Krankheiten gönnen sich eine Atempause. Oder die Leute warten mit dem Arztbesuch bis Januar. Jene, die ab und zu alkoholische Getränke probieren, scheuen sich nicht, weil “ein Tag ein Tag ist”, um einen Schluck zu trinken und manchmal mehr als einen, und den, der auf die andere Seite schaut, um niemanden zu grüßen, muss man festhalten, damit er den Nachbarn nicht mit den Armen zerdrückt. Es treffen die Grußkarten ein. Darauf steht mehr oder weniger dasselbe: “Ein Frohes Fest und ein Gesundes Neues Jahr”.
Es ist das Fest der Geburt des Christkindes. Aber in Kuba wie auch in vielen anderen Ländern ist es entweiht, die Feiertage sind ein willkommener Anlass für Familientreffen und das Wiedersehen mit Freunden geworden, wenn auch die katholischen Kirchen voller Kirchgänger sind, so sind es nicht immer Fromme, um die Mitternachtsmesse zu hören, die um 23.00 Uhr des 24. stattfindet und jetzt um 21.00 Uhr sein kann oder zu jeder beliebigen Zeit, abhängig von der Zeit des Priesters, über die er in seiner Agenda verfügt.
Das Abendessen am 24., besser gesagt, am Heiligabend, ist der Mittelpunkt der Feiertage. An dem Tag – es kann auch der 31. sein – ist es für viele wichtig, ein neues Kleidungsstück einzuweihen, sei es eine Jacke oder eine Unterhose. Die kubanische Familie hat keine feste Uhrzeit für das Essen. Im größten Teil der Insel ist es Brauch, die Mahlzeit in Familie einzunehmen, man wartet, bis alles auf dem Tisch steht, um zu beginnen, die eingedickten schwarzen Bohnen zu kosten, den weißen körnigen und glänzenden Reis, Maniok mit Knoblauchtunke, den Schweinebraten oder den gefüllten oder ungefüllten Truthahn, danach hausgemachte Desserts wie buñuelos, ein Spritzgebäck, und eine breite Palette spanischer Turrons aus Nüssen und Rosinen sind Gerichte – auch Banane in schwarzer Soße – aus denen das Festessen besteht, das in einem Land ohne Weinkultur gewöhnlich mit eiskaltem Bier hinuntergespült wird. Seltener sind beim kubanischen Weihnachtsessen Lamm oder Fisch und Meeresfrüchte, Speisen, die in anderen Breitengraden üblich sind.
Einer unserer großen Chronisten behauptete, für den durchschnittlichen Kubaner sei weniger wichtig, was am Heiligabend auf den Tisch kommt, sondern das, was übrig bleibt, um dann sagen zu können, es habe zu Hause so viel Essen gegeben, dass am nächsten Tag nicht gekocht werden brauchte. Eigentlich geht die Kubanerin am 25. kaum in die Küche, es ist der Tag des Resteessens, das heißt, es wird aufgetischt, was an Braten vom Vorabend übrig geblieben ist. Man möchte einen möglichst ruhigen 25., ideal für den Besuch, die angefangene Flasche zu leeren oder sich von der Hektik der Vortage zu erholen. In den letzten Jahren ist der 31. wichtiger geworden, man bevorzugt ein leichtes Essen zuhause, um Silvester groß auf der Straße zu feiern und das neue Jahr zu begrüßen und mit dem Mittagessen am 1.Januar einen neuen Zyklus zu beginnen.
So viele metabolische Großleistungen verursachen bei dem einen mehr als bei dem anderen einen überbeanspruchten Verdauungsaparat. Noch ein Tag ist zu überstehen, das Fest der Heiligen Drei Könige, die drei Weisen, die in den Psalmen erscheinen, und als eine allwissende Repräsentation der gesamten Menschheit das Kind von Bethlehem preisen. Damit sind die Feste vorüber. In einer Ecke steht da, niemand weiß, für wie viele Tage noch, das schon dunkle und jeden Tag mehr verstaubte Weihnachtsbäumchen. War es eine Vorfreude auf die bevorstehenden Tage es aufzustellen, ist sein Aufräumen eine Folter, die immer wieder verschoben wird, bis dann jemand zu Hause den Mut hat und es wegtut, um die bunten Kugeln und die Lichter einzupacken, die Ende des Jahres wieder benutzt werden.